Seit 2016 ist Prof. Dr. Joachim Wuermeling Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank. Er und seine Kolleginnen und Kollegen beobachten, wie sich das traditionelle Bankgeschäft durch FinTechs, BigTechs und Co. verändert. Auf unserem Executive Summit 2022 „Wertpapierservice im Fokus“ am 27. und 28. September gibt der Experte für Risiko-Controlling Einblicke in das Spannungsfeld zwischen Innovation, Digitalisierung und Regulatorik. Vorab haben wir ihn gefragt, wie nach seiner Einschätzung die Regulierung des Finanzsystems in der digitalen Zukunft aussehen kann und wo Potenziale und Risiken digitaler Innovationen liegen.
Alle Themen des Executive Summit 2022 finden Sie hier auf unserer Veranstaltungsseite.
Herr Wuermeling, haben Banken überhaupt noch eine Zukunft?
Was mit Sicherheit eine Zukunft hat, ist das Bankgeschäft selbst. Die Frage ist aber, wer es betreiben wird und auf welche Art und Weise. Die Welle der Digitalisierung hat neue Wettbewerber auf den Markt gespült, darunter FinTechs und BigTechs, die traditionellen Banken Konkurrenz machen. Als Bankaufseher agieren wir hier völlig neutral. In vielen Bereichen sehen wir aber eher Kooperation als Verdrängung. Und in einem solchen Szenario sehe ich ganz klar eine Zukunft für traditionelle Banken als Teil der Wertschöpfungskette.
Wie sieht das Finanzsystem der Zukunft aus – Stichwort Decentralised Finance (DeFi)?
Die Basistechnologie hat Potenzial, das Finanzsystem effizienter und möglicherweise auch stabiler zu machen. Stand heute muss Decentralised Finance jedoch noch eine ganze Reihe von Hürden überwinden, bevor es eine signifikante Ergänzung des traditionellen Finanzsystems und der Realwirtschaft werden kann. Dann müssen aber auch die Risiken adressiert werden, die mit DeFi verbunden sind.
Und wie sieht die Regulierung der Zukunft aus?
Wir müssen Risiken einhegen, ohne dabei Innovationen zu behindern. Um das zu erreichen, orientieren wir uns an dem Grundsatz „same business, same risks, same rules“. Es gibt aber auch neue Produkte, die mit den traditionellen Regeln nicht zu fassen sind, wie beispielsweise Krypto-Assets. Für solche Fälle brauchen wir einen neuen Regelungsansatz, wie zum Beispiel die EU-Verordnung „MiCA“, die sich unter anderem an Emittenten von Krypto-Assets richtet. Wir müssen auch die Frage beantworten, was und wen wir regulieren, wenn Systeme rein dezentral und global organisiert sind. Uns Aufsehern steht kein einzelner Adressat gegenüber und das Netz hat keinen Sitz in einer Jurisdiktion.